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Beitrag 5 Min. Lesezeit

Agilität ist der Trumpf in jeder Kundenbeziehung

Von Ulrich Hoffmann, Head of Central Europe, Zendesk

Zuletzt aktualisiert: 21. September 2021

“Agilität ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit” betont Agilitätsexperte Dean Leffingwell mantraartig, um in volatilen Zeiten mit der erforderlichen Flexibilität und Geschwindigkeit auf unvorhergesehene Änderungen zu reagieren. Und dabei können unvorhergesehene Änderungen auch schlichtweg neue Ideen sein.

Die Bedrohung durch Disruption wächst

Was vor Jahren im Tech- und Service-Umfeld begonnen hat und was die Finanzwelt derzeit revolutioniert, ist seit kurzem mit Gorillas, Getir, Flink & Co. bei den Lieferservices angekommen. Startups mit digitalen Prozessen, agilen Arbeitsmethoden und einer Portion „geht nicht, gibt’s nicht“ fordern in allen Branchen alteingesessene Unternehmen heraus. Wer wettbewerbsfähig bleiben will, muss die neuen Spielregeln akzeptieren.

Der Erfolg der Fintechs ist symptomatisch für die Disruption althergebrachter Geschäftsmodelle. Sie bedienen vor allem wachstumsstarke Nischen, in denen sich Banken noch nicht, beziehungsweise nicht mehr, engagieren. So haben Traditionsunternehmen oft den Bereich der Zahlungsabwicklung über die Jahre als reinen Kostenblock gesehen und sich nicht dafür interessiert. Inzwischen hat der Zahlungsdienstleister Klarna den Status eines Unicorn erreicht, ausschließlich auf Basis von Zahlungsprozessen und der findigen Neuentdeckung des Ratenkaufs („Buy Now, Pay Later“ = BNPL).

Andere Herausforderer widmen sich dem „Vertical Banking“ und setzen auf spezifische Zielgruppen, denen die alteingesessenen Anbieter keine oder nur unzureichende Angebote gemacht haben (etwa im Bereich nachhaltiges Investieren oder Vermögensaufbau). Möglich ist ihnen das, weil sie konsequent digitale Technologien und agile Methoden nutzen. Und somit einfach schneller neue Lösungen finden, die eine bessere Customer Experience bieten. Eine Entwicklung, die sich auch in anderen Branchen beobachten lässt, beispielsweise im Einzelhandel.

Das sollten bestehende Firmen als Bedrohung durchaus ernst nehmen. Die Forschung von Vordenkern wie Clayton Christensen hat gezeigt, wie ‘Disruptive Innovation” etablierte Firmen attackiert und ganze Industriezweige umformen kann. Kritisch wird es spätestens dann, wenn die jungen Unternehmen ihre Produkte um Funktionen aufwerten, die auf das Kerngeschäft der bisherigen Marktführer zielen.

Neue Entwicklungen aufgreifen

Die Entwicklung digitaler Kundeninteraktion trifft auf fruchtbaren Boden. Nicht zuletzt durch die Erfahrungen aus der Pandemie beschleunigt, wächst beispielsweise die Zahl von Kundinnen und Kunden, die digitale Kanäle bevorzugen, wenn sie sich an Unternehmen wenden. Wie die unsere Studie „Agility in Action“ zeigt, suchen 11 Prozent der Kundschaft in Deutschland erst selbst nach einer Lösung für eine Fragestellung, bevor sie sich überhaupt an den Kundenservice wenden. Laut unserer Umfrage tun 44 Prozent dies wenigstens häufig oder zumindest gelegentlich. Firmen müssen also Lösungen zur Selbsthilfe bieten.

Parallel dazu wünschen sich Kunden und Kundinnen ein breiteres Angebot an Kanälen, um mit Unternehmen zu kommunizieren. 43 Prozent der von Zendesk befragten Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland gaben an, dass sie vorzugsweise bei einem Unternehmen etwas kaufen, wenn es die Kanäle anbietet, die sie bevorzugen.

Die eine und vordefinierte Customer Journey gibt es nicht mehr. Vielmehr ist eine Entwicklung im Gange, die zu einer Vervielfältigung der Kommunikations- und Einkaufskanäle geführt hat. Soziale Netzwerke, die klassische Website, der Zugang über mobile Endgeräte oder Messenger: Die Kunden nutzen je nach eigener Situation und Laune unterschiedlichste Kanäle.

Moderne digitale Systeme sind in der Lage, das Nutzungsverhalten nahezu in Echtzeit zu verfolgen und auszuwerten. Sie ermöglichen Unternehmen, rasch auf Veränderungen zu reagieren. Neue Ideen werden schneller und flexibler umgesetzt und ihre Ergebnisse verifiziert. Das erkennen auch immer mehr Manager in Unternehmen in Hinblick auf den Kundenservice: 78 Prozent der CX-Managerinnen und Manager in Deutschland sagen in der “Agility in Action’-Studie, dass für ihre Geschäftsführung Agilität von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Kundenservices ist.

Mehr Agilität – aber wie?

Auf dem Weg zu mehr Agilität müssen viele Unternehmen einige Hindernisse beseitigen. Allein die Einführung neuer Methoden genügt nicht, um erfolgreich zu sein.

  • Agilität erfordert das kraftvolle Vorangehen der Führungskräfte. Ihre Leader sollten in der Lage sein, einen derartigen Transformationsprozess zu leiten und Agilität vorzuleben.
  • Dazu gehört auch, die Mitarbeitenden und Teams in der Lage zu versetzen, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen und Fragestellungen auch interdisziplinär zu bearbeiten. Haben die Teams, die an der Entwicklung von Kundenservices beteiligt sind, auch die Möglichkeit, flexibel Veränderungen durchzuführen und zu erproben?
  • Durch die Bereitstellung effizienter Tools (beispielsweise einer holistischen Sicht der Kundendaten) werden Teams erst in die Lage versetzt, tatsächlich agil arbeiten zu können. Hierbei spielen auch Datenanalysen eine wichtige Rolle. Stehen diese funktionsübergreifend zur Verfügung, oder werden sie in Silos gehalten?
  • Kommen bereits moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen zum Einsatz? Deren Analyse- und Prognosefähigkeiten helfen dabei, Veränderungen im Verhalten der Kundinnen und Kunden frühzeitig zu entdecken und Potentiale für neue Lösungen zu entdecken.
  • Unterstützen die eingesetzten Tech-Stacks überhaupt agile Methoden? An jedem Punkt der Customer Journey sollten vor allem Lösungen eingesetzt werden, die sich flexibel und schnell anpassen lassen und die durch die Anbindung externer Systeme einfach zu erweitern sind. Geschwindigkeit, Skalierbarkeit und Low-Code-Ansätze sind Faktoren, auf die Unternehmen bei der Auswahl ihrer Werkzeuge heute achten müssen.

Erst, wenn diese Voraussetzungen geschaffen sind, entfalten agile Arbeitsmethoden ihre volle Wirkung. Durch den Umbau der eigenen Supportorganisation, der Schaffung einer agilen Unternehmenskultur, dem Einsatz von dazu passenden Arbeitsformen und Tools können Unternehmen flexibler auf Veränderungen reagieren und schaffen stärker personalisierte Erlebnisse für die Kundinnen und Kunden. Das trägt sowohl zur Bindung bestehender Kunden und der Gewinnung neuer Kundengruppen bei. Und stärkt letztlich die Widerstandskraft gegenüber neuen Herausforderern und Disruption.

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