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Beitrag 7 Min. Lesezeit

Mit Kundendaten zu einer besseren Customer Experience

Von Hannah Wren

Zuletzt aktualisiert: 30. August 2023

Relate by Zendesk

Neulich nahm ich an meiner ersten privaten Intervention teil. Der Familienrat wurde für eine meiner Verwandten einberufen, deren herzliche und extrovertierte Art sich drastisch gewandelt hatte, seit sie einen neuen Freundeskreis gefunden hatte. Ihre engsten Freunde und Familienmitglieder waren anwesend, und alle waren sich einig, dass sich etwas ändern musste. Kritik kann wehtun, und daher neigen wir dazu, sie zu ignorieren. Aber wenn die engsten und vertrautesten Familienmitglieder und Freunden sich Sorgen machen, sollte man die Ohren spitzen.

In der Geschäftswelt sind Ihre Kunden Ihre Freunde und Verwandte. Sie kennen und schätzen Sie so sehr, dass sie ihr Geld in Ihre Produkte und Dienstleistungen investieren. Natürlich hat der Kunde nicht immer Recht – ebenso wenig wie Ihre Freunde und Familienmitglieder. Wenn aber ein großer Prozentsatz von Kunden frustriert ist, dann ist das ein deutliches Signal. Dann sollten Sie umdenken. Viele der Top-Unternehmen weltweit ziehen mittlerweile ihre Kundendaten heran, wenn sie Veränderungen im großen Stil herbeiführen möchten. Hilfe- und Supportcenter sind nicht nur eine gute Methode, um konkrete Kundenprobleme zu lösen, sondern eignen sich auch für systematische Unternehmensinterventionen. Kundendaten können der Antrieb für einen entscheidenden Kurswechsel in der Firmenphilosophie, der Produktentwicklung und bei wichtigen Rebranding-Kampagnen sein.

Hilfe- und Supportcenter sind nicht nur eine gute Methode, um konkrete Kundenprobleme zu lösen, sondern eignen sich auch für systematische Unternehmensinterventionen.

Kundendaten helfen, Verbesserungsvorschläge der Kunden umzusetzen

Aufgrund von Sicherheitsbedenken der Kunden nutzten Uber und Lyft ihre Kundenservicedaten zur Verbesserung ihrer Datenschutzrichtlinien. Bei beiden Vermittlungsdiensten zur Personenbeförderung waren Meldungen zu sexueller Belästigung und sexuellen Übergriffen eingegangen. Entschuldigungen oder Rückerstattungen gingen den Kunden nicht weit genug. Ihnen ging es nicht darum, ihr Geld zurückzuerhalten, sie bestanden vielmehr zu Recht darauf, dass sich grundsätzlich am Angebot etwas verändert.

Uber und Lyft leisteten der Bitte Folge. Man untersuchte eingehend die Kundendienstdaten, um die Nutzer fortan durch entsprechende Vorkehrungen zu schützen.Die Nutzer können sich nun mit Anzeigen wegen sexueller Belästigung direkt ans Gericht wenden und sind nicht mehr an Vertraulichkeitsvereinbarungen und Schlichtungsklauseln gebunden. Uber fasste sogar den Entschluss, alle Daten zu sexuellen Übergriffen und sexueller Belästigung zu veröffentlichen. Darüber hinaus werden die Fahrer jetzt eingehender überprüft. In der App steht sogar eine eigene Schaltfläche für Notfälle zur Verfügung.

Haben Sie Ihren Kunden in letzter Zeit Ihr Ohr geschenkt?

Auch Amazon musste Lehrgeld zahlen. So entfernte die Firma im Jahr 2009 illegale Buchkopien von einzelnen Kindle-Geräten ihrer Nutzer. Es dauerte nicht lange, bis zahlreiche verärgerte Kunden das Diskussionsforum des Amazon Hilfe- und Kundenservice überquellen ließen. (Der Service wurde neulich aktualisiert und unbenannt in „Digitales und Geräteforum“.) Das Unternehmen machte die Erfahrung, dass es immer klug ist, bei Entscheidungen den Kunden mit einzubeziehen. In der Folge überarbeitete Amazon seine Geschäftsbedingungen. Jeff Bezos, CEO bei Amazon, beschreibt die Situation sehr treffend:

„In der realen Welt erzählt ein unzufriedener Kunde sechs Freunden von seinen schlechten Erfahrungen. Im Internet kann er 6.000 Freunden davon erzählen.“

Aber es gibt eine noch eine genauere Methode, um die Reaktion der Kunden auf neue Geschäftsbedingungen zu testen. Und zwar, indem man die Kundendaten durch spezielle Softwarelösungen analysiert, anhand derer sich die Gefühlswelt der Kunden einschätzen lässt. J Ryan Bradley ist CEO einer führenden US-amerikanischen Versicherungsgesellschaft. Er testete mithilfe von Kundendaten, ob es sinnvoll sei, keine Kreditkartenzahlungen mehr zu akzeptieren. Die Daten bestätigten ihm einerseits, dass seine Idee ein schlauer Schachzug war. Gleichzeitig konnte er die wichtigsten Gegenargumente der Kunden ermitteln, die weiterhin Zahlungen per Kreditkarte vorzogen.

Steve Jobs wählte einen anderen Ansatz. Er zog es vor, das Feedback der Kunden erst nach Produktstart einzuholen – auch auf das Risiko hin, damit einzelne Nutzer zu verärgern, die möglicherweise eine ganze Reihe an Beschwerden vorbringen würden. Jobs stieß auf heftigen Gegenwind, als er behauptete, Marktforschung sei mehr oder weniger wertlos. Sein Argument: „Die Leute wissen erst, was sie wollen, wenn man es ihnen zeigt.“

Auch wenn man in diesem Punkt nicht mit Jobs einer Meinung ist: Auf seinem Ansatz basieren die iOS-Updates der Firma Apple. Die Kunden sehen die neue Technologie und interagieren damit, und Apple nutzt dann ihr Feedback, um herauszufinden, was sich beim nächsten Mal ändern muss. Letzten Endes werden Produktverbesserungen also durch das Kundenfeedback ins Rollen gebracht. In iOS 12 etwa wurden auf Kundenwunsch Siri-Shortcuts und FaceTime-Gruppenanrufe integriert.

Letzten Endes werden Produktverbesserungen durch das Kundenfeedback ins Rollen gebracht.

Kundendaten – nicht nur etwas für IT-Firmen

Sie müssen keine IT-Firma wie Apple betreiben, um Kundendaten zu sammeln. Ein gutes Beispiel ist das Unternehmen Chobani, das Joghurt herstellt und vertreibt. Die Firma bezieht ihre Kundendaten direkt von der Quelle – indem sie ihren Kundenservice in ihre sozialen Medien und ihre Website einbaut. Chobani ermittelt auf Basis der Kundendaten, welche Geschmacksrichtungen beibehalten werden und welche nicht – und welche zusätzlichen Aromen sich die Kunden wünschen. Wer eine geschmackliche Anregung für Chobani hat, kann sie mit der Firma teilen. Gut möglich, dass sogar der Firmengründer Hamdi Ulukaya den Vorschlag persönlich entgegennimmt. Er erhält das Feedback seiner Kunden nämlich direkt aufs Handy geschickt.

Griechischer Joghurt hat auf den ersten Blick genauso wenig mit moderner Technologie zu tun wie wie Lippenstift und Lidschatten. Trotzdem hat L’Oréal das Webmonitoring – die Nachverfolgung von Online-Gesprächen zur Marke – für die Entwicklung seiner App „Makeup Genius“ genutzt. Die Anwendung erfüllt Kundinnen den Wunsch, Make-up-Looks vor dem Kauf zu testen. Die Kosmetikmarke nutzt das Webmonitoring darüber hinaus zur Erstellung von App-Content, der ihrer Einschätzung nach bei den Kundinnen auf positives Echo stoßen wird.

„Wir sind keine IT-Firma. Trotzdem ist für uns die Technologie ein wichtiger Kanal, über den wir mit unseren Konsumenten kommunizieren“, so Esohe Omoruyi, Senior Vice President of Global Open Digital Innovation and Business Development bei L’Oréal.

Auch Covergirl hat vor Kurzem das Webmonitoring und andere Arten von Verbraucherdaten als Basis einer Rebranding-Kampagne genutzt. Die Marke hatte zuvor durch jüngere Schauspielerinnen und Models Berühmtheit erlangt, die als Markenbotschafterinnen auftraten. Die Kundendaten ergaben allerdings deutlich mehr Vielfalt hinsichtlich Alter, Geschlecht und Berufstätigkeit. Da Diversität immer als eine der Kernkompetenzen der Firma Covergirl galt, fasste man den Entschluss, Markenbotschafterinnen zu engagieren, die der Zielgruppe mehr entgegenkommen. Zu den neuen Zugpferden gehören die 70-jährige Maye Musk sowie James Charles, das erste männliche Model bei Covergirl. Den Kundendaten zufolge diente das Make-up außerdem zur Steigerung des Selbstvertrauens – und nicht nur als stylische Gesichtsbemalung. Daher ersetzte man den Slogan „easy, breezy, beautiful“ durch „I am what I make up“ (etwa: „Du bist, wie du dich schminkst.“).

Dazu Ukonwa Ojo, Chief Marketing Officer bei Covergirl:: „Das Wichtigste beim Marketing ist, dass Sie gut zuhören … damit Sie verstehen, wem Sie Ihren Service anbietet. So kann man Produkte, Dienstleistungen und Erlebnisse schaffen, die die Kundinnen voll und ganz zufriedenstellen. Das ist das Geheimrezept.“

Die Kundendaten hatten dem Unternehmen gezeigt, dass Make-Up für sie mehr ist als nur stylische Gesichtsbemalung. Daher ersetzte man den Slogan „easy, breezy, beautiful“ durch „I am what I make up“ (etwa: „Du bist, wie du dich schminkst.“).

Ojo bringt es auf den Punkt: „Es ist wichtig, sich die Kundendaten zu Herzen zu nehmen. Dort findet man Lösungen für Probleme oder tolle neue Ideen – oder eine geheime Zutat. Ihre Kunden kennen und lieben Ihre Marke mehr, als Sie vielleicht meinen. Und sie können Ihnen helfen, weiter zu wachsen.“

Als Expertin für E-Mail-Marketing verwendet Hannah Wren Kundendaten zur Entwicklung von Multi-Touch-Ernährungsprogrammen für unterschiedliche Zielgruppen. Sie begleitet dabei die gesamte Customer Journey vom Einstieg über die Versorgung mit Informationen bis hin zur Konversion und zur Kundenbindung. Ihre Freizeit nutzt sie gern dazu, neue Lebensmittel zu testen oder sich über den Beitrag des Menschen zu neuen Technologien Gedanken zu machen. Sie können sich über LinkedIn mit ihr vernetzen.

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