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Beitrag 8 Min. Lesezeit

So wird die Arbeit im Homeoffice nachhaltig

Immer mehr Unternehmen versuchen, die Nachhaltigkeit der Remotearbeit zu messen, doch das ist keineswegs einfach. Hier finden Sie einige Best Practices zur Evaluierung der Umweltauswirkungen von Remotearbeit.

Von Susan Lahey, Beitragender Verfasser

Zuletzt aktualisiert: 2. März 2023

Was ist der Unterschied zwischen dem Energieverbrauch in einem Büro für 1.000 Beschäftigte und dem Energieverbrauch von 1.000 Beschäftigten im Homeoffice? Die Antwort ist nicht gerade einfach. Unternehmen, die ein Nachhaltigkeitsaudit durchgeführt haben, wissen wahrscheinlich, wie viel Strom ein Büro dieser Größenordnung verbraucht. Möglicherweise haben sie ihr Gebäude auch so konzipiert, dass es mit erneuerbarer Energie oder energiesparend betrieben werden kann. Vielleicht erfassen sie auch den Umfang ihrer Recycling- und Kompostierungsaktivitäten. Doch wie können solche Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsprogramme evaluieren, wenn ein Großteil ihrer Belegschaft von zu Hause aus arbeitet? Führende Unternehmen haben erstmals versucht, das herauszufinden.

Reuters hat 20 Unternehmen befragt und dabei festgestellt, dass 10 von ihnen damit begonnen haben, den Energieverbrauch von remote arbeitenden Mitarbeitern zu messen. So berichtete Salesforce, dass die Arbeit im Homeoffice einen Emissionsrückgang von 29 Prozent pro Mitarbeiter zur Folge hatte. Facebook, mittlerweile Meta, stellte fest, dass die CO2-Bilanz pro Mitarbeiter um die Hälfte – auf 1 Tonne – sank, nachdem das Unternehmen die Remotearbeit eingeführt hatte. Diese Berechnungen basierten jedoch ausschließlich auf den Pendlerfahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte. Fidelity Investments startete 2020 ein Nachhaltigkeitsprogramm und gab an, dass die Umstellung auf Remotearbeit 87 Prozent der Emissionsersparnis in diesem Jahr zunichtemachte. Die US-amerikanische Forschungsorganisation National Bureau of Economic Research fand heraus, dass während der Pandemie der Energieverbrauch in Industrie und Gewerbe um rund 15 Prozent zurückging, während der Verbrauch in Privathaushalten um etwa 10 Prozent stieg.

Doch viele Unternehmen fanden die Evaluierung der Nachhaltigkeit bei Remotearbeit als zu kompliziert.

So lässt sich beispielsweise der Energieverbrauch in einem Büro nicht mit dem in einem Haushalt im selben Zeitraum vergleichen, da die Bewohner normalerweise nicht alles ausschalten, wenn sie zur Arbeit gehen. Manche drosseln möglicherweise nicht einmal die Heizung oder Kühlung, weil Familienmitglieder oder Haustiere zu Hause sind. Außerdem könnte es ja auch einen Partner oder Mitbewohner geben, der ebenfalls von zu Hause aus arbeitet. Die Frage ist also, um wie viel höher der Energieverbrauch von Personen ist, wenn sie zu Hause arbeiten, verglichen mit dem Energieverbrauch, der im Büro entstehen würde.

Wenn Personen auch nur einen einzigen Tag in der Woche von zu Hause aus arbeiteten, würden die weltweiten Emissionen um etwa 24 Millionen Tonnen sinken – das entspricht den Gesamtemissionen des Großraums London mit 9,5 Millionen Einwohnern.

Auf den ersten Blick scheint es, als ließen sich die CO2-Einsparungen einfach dadurch berecnen, dass man den Wegfall der Fahrten von und zur Arbeit dafür heranzieht, doch das greift zu kurz. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass ab einem Arbeitsweg von 6 Kilometern durch die Arbeit im Homeoffice CO2 eingespart wird. In den USA, so die IEA, beträgt die durchschnittliche einfache Strecke zwischen dem Zuhause und dem Arbeitsplatz 18 Kilometer. Die Organisation geht außerdem davon aus, dass, wenn Personen auch nur einen einzigen Tag in der Woche von zu Hause aus arbeiteten, die weltweiten Emissionen um etwa 24 Millionen Tonnen sinken würden – das entspricht den Gesamtemissionen des Großraums London mit 9,5 Millionen Einwohnern.

Und dann stellen sich noch Fragen wie: „Was passiert, wenn jemand, der von zu Hause aus arbeitet, eine größere Wohnung nimmt, um sich ein Homeoffice einzurichten, und sein Energieverbrauch daraufhin steigt?“ Oder: „Was ist, wenn Menschen zu digitalen Nomaden werden und um die ganze Welt reisen?“ Schließlich zählen Flugzeuge zu den größten Verursachern von CO2-Emissionen.

Unternehmen müssen in der Lage sein, die Nachhaltigkeit ihres Arbeitsplatzes mit der Nachhaltigkeit ihrer remote arbeitenden Mitarbeiter zu vergleichen, um herauszufinden, wo Potenzial für Verbesserungen liegt. Dazu müssen sie wissen, was sie messen sollen, wie sie es messen sollen und was zu tun ist, wenn sie feststellen sollten, dass die Emissionen von remoten Arbeitskräften zu hoch sind.

Was gemessen werden muss

Bei der Evaluierung der Nachhaltigkeit von remote arbeitenden Mitarbeitern können Unternehmen mehrere Dinge messen, darunter:

  • Eingesparte Emissionen durch den Wegfall der Fahrten zur Arbeit
  • Energieverbrauch der verwendeten Geräte und Technologien
  • Vergleich des Energieverbrauchs in Haushalten vor und nach der Pandemie, insbesondere nach dem Ende des Lockdowns und der Rückkehr der Kinder in die Schule. Bei dieser Messung müssen zahlreiche Faktoren berücksichtigt werden.
  • Wasserverbrauch zu Hause vor und nach der Pandemie
  • Abfallmanagement in Haushalten in Bezug auf Recycling, Kompost und Müll

Manche Unternehmen erfassen möglicherweise nur die Arbeitsmittel ihrer Beschäftigten im Homeoffice. Microsoft etwa gab gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters an, dass ein Mitarbeiter im Schnitt einen Laptop, zwei Monitore und drei Glühbirnen nutzt. Dabei berücksichtigte das Unternehmen aber weder die Heiz- bzw. Kühlkosten im Haushalt noch die Nutzung anderer Geräte. Dies vereinfacht zwar die Messung, macht sie aber weniger aussagekräftig.

Bei einem umfassenden Audit werden alle individuellen Einflussfaktoren eines jeden Mitarbeiters berücksichtigt: die Art der Heizung und Kühlung – in manchen Gebäuden können die Bewohner ihre Thermostate nicht selbst regulieren –, ob ihr Zuhause energieeffizient konzipiert ist, ob ihre Haushaltsgeräte und Sanitäranlagen energieeffizient sind, ob sie Zugang zu einer Kompostieranlage haben, ob noch andere Personen im Haushalt leben und so weiter.

Wie gemessen werden sollte

Die Frage ist nicht so sehr, wie viel Energie ein Haushalt verbraucht oder wie viel Abfall er produziert, sondern vielmehr, um wie viel mehr Energie verbraucht oder Abfall produziert wird verglichen mit dem Niveau vor der Einführung des Homeoffice. Nicht viele Personen verfolgen diese Werte. Deshalb würde die Einführung einer unternehmensweiten Kultur zur Erfassung dieser Werte helfen, die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens zu erreichen. Leider gibt es hierfür keine einfache, intuitive Methode – noch nicht.

Manche Rechner, wie etwa Watershed, messen die aggregierten Daten. Auch die Vereinten Nationen bieten ein Tool für Unternehmen und Privatpersonen an. Daneben gibt es auch zahlreiche andere Apps, mit denen Privatpersonen ihre CO2-Bilanz berechnen können. Gemessen werden kann dabei alles, vom Energieverbrauch über die Emissionen des Pendlerverkehrs bis hin zur CO2-Bilanz von Nahrungsmitteln und der Einkäufe. Einige Apps ermöglichen den Benutzern sogar, ihre Bemühungen zur Verbesserung ihrer CO2-Bilanz mit anderen zu teilen. So kann der CO2-Verbrauch auf spielerische Weise erfasst und die ganze Community miteinbezogen werden. Doch in manchen Fällen ist die Erfassung dieser Werte mühsam, da mitunter auch Daten aus alten Rechnungen einbezogen werden müssen. Hinzu kommt, dass nicht jeder Arbeitnehmer möchte, dass sein Arbeitgeber Einblick in derart detaillierte persönliche Daten erhält.

Eine andere Möglichkeit zur Messung sind Tools zur Überwachung des Energieverbrauchs im Haushalt. Doch diese Tools sind – nach Angaben einiger Rezensenten – nicht in der Lage, zwischen allen Geräten zu unterscheiden. Deshalb sind sie für diesen Zweck nur eingeschränkt geeignet.

Schließlich dürfen bei diesen Messungen auch die sozioökonomischen Aspekte nicht außer Acht gelassen werden. Manche Arbeitnehmer können sich möglicherweise keine energieeffizienten – und in der Anschaffung kostspieligeren – Wohnungen und Haushaltsgeräte leisten. Mieter können im Gegensatz zu Eigentümern nicht nach Belieben auf erneuerbare Energiequellen umsteigen und haben oft weniger Kontrolle über ihre Energierechnungen und Einrichtungen, wie beispielsweise die Kompostierung. Solche Unterschiede müssen berücksichtigt werden.

Darüber hinaus müssen die Beschäftigten ihre Daten zu ihrem privaten Energieverbrauch freiwillig bereitstellen. Deshalb sollten sich Unternehmen fragen, wie sie Anreize schaffen können, um sie zu diesem Schritt zu bewegen. Einer dieser Anreize könnte sein, dass sie ihren Mitarbeitern anbieten, ihr Zuhause umweltfreundlicher zu gestalten. Dies kommt den Nachhaltigkeitswerten des Unternehmens zugute und die Mitarbeiter sparen gleichzeitig Geld durch die Senkung ihrer Energiekosten.

Was getan werden kann

Manche Unternehmen gleichen den Energieverbrauch ihrer remote arbeitenden Mitarbeiter durch den Kauf von Emissionsgutschriften aus – doch das geht am eigentlichen Problem vorbei. Am anderen Ende des Spektrums gibt es Unternehmen, die die höheren Energierechnungen ihrer Mitarbeiter bezahlen oder sie beim Umstieg auf erneuerbare Energiequellen finanziell unterstützen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Beschäftigten zu helfen, ihr Zuhause nachhaltiger zu gestalten. Beispiele dafür sind die Abdichtung von Häusern, der Umstieg auf effizientere Heiz- und Kühlsysteme, die Beschaffung von energieeffizienten Haushaltsgeräten und wassersparenden Sanitärprodukten und die Anschaffung von Kompostiergeräten.

Investitionen in derartige Maßnahmen bei Mitarbeitern, die in die Erfassung von Nachhaltigkeitswerten einwilligen und aktiv ihren Energieverbrauch im Haushalt verringern, könnten das ESG-Rating (Environmental, Social, and Governance) des Unternehmens verbessern. Für Mitarbeiter wären sie gleichzeitig ein erheblicher Anreiz, da sie den Wert ihres Wohnsitzes steigern und ihre Rechnungen senken könnten.

Doch ein Nachhaltigkeitsprogramm muss sowohl in der Identität eines Unternehmens als auch im gesamten Entscheidungsprozess und in der Unternehmenskultur verankert sein.

Natürlich muss ein Nachhaltigkeitsprogramm sowohl in der Identität eines Unternehmens als auch im gesamten Entscheidungsprozess und in der Unternehmenskultur verankert sein. Ein wirklich nachhaltiges Unternehmen ist attraktiv für Mitarbeiter, die privat wie am Arbeitsplatz Wert auf Nachhaltigkeit legen. Solche Mitarbeiter sind eher bereit, ihre Emissionen zu erfassen und ihre Daten bereitzustellen, und sie sprechen auch eher auf Anreize an, die die Nachhaltigkeit verbessern.

Jüngste Untersuchungen haben ergeben, dass viele Arbeitnehmer auch weiterhin von zu Hause aus arbeiten möchten. Darüber hinaus weist einiges darauf hin, dass die Arbeit vom Homeoffice aus – wenn sie verantwortungsbewusst erfolgt – der Umwelt zugutekommen kann. Während der Pandemie ging es vor allem darum, zu lernen, wie remote arbeitende Mitarbeiter unterstützt und gemanagt werden können, sodass das Arbeitsumfeld ein aufregender und spannender Wachstumsmotor werden konnte. Wenn es nun gelingt, remote arbeitende Mitarbeiter dazu zu motivieren, ihre Auswirkungen auf die Umwelt in den Griff zu bekommen, könnte dies wesentlich zum Erfolg der ökologischen Wende beitragen.

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